Widerspruch Inobhutnahme

Update-Hinweis siehe unmittelbar vor dem Video-Link!

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Nachfolgendes ist keine Rechtsberatung! Es handelt sich hier um meine Meinung, wie man einer Inobhutnahme begegnen könnte. Aus meiner Sicht ist gemeinsames sofortiges Handeln der Personensorgeberechtigten erforderlich. Damit meine ich die Mutter und den Vater. Im Rahmen einer sogenannten Notvertretung kann aber meiner Meinung nach auch ein Elternteil alleine Herausgabe und Klage einreichen. Eine Notvertretung ist immer dann zulässig, wenn Gefahr im Verzug vorliegt, also zum Beispiel jegliches Abwarten selbst zur Gefahr wird. Ein objektiver Maßstab ist dabei Art. 6 Abs. 3 GG, bei dem für eine (wenn auch nur temporäre) Trennung des Kindes von der Familie eine hinreichende Begründung voliegen muss.

Situation

Es handelt sich um einen Verwaltungsakt nach § 42 SGB VIII in Verbindung mit der Anwendbarkeit von § 80 VwGO. Für das Verwaltungsverfahren insgesamt gilt SGB X.

Das Kind ist weg und befindet sich in fremden Händen. Kurz gesagt: Die öffentliche Gewalt hat sich in der Regel eines Minderjährigen bemächtigt und hält dieses in eigenem Gewahrsam.

Das Kind ist in der Regel in öffentlich-rechtlichem Gewahrsam!

Inobhutnahme mit Anordnung des sofortigen Vollzugs

Die Inobhutnahme eines Minderjährigen wird angeordnet und es wird unmittelbar gleichzeitig der sofortige Vollzug angeordnet. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, auch dann, wenn der sofortige Vollzug faktisch getrennt davon angeordnet wird.

Wenn der sofortige Vollzug angeordnet worden ist, dann entfällt beim Einlegen eines Widerspruchs oder einer Klage die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes aus § 80 Abs. 1 VwGO. Das ist Pech, es ist leider so.

Aber ein Widerspruch und eine Klage sind deshalb trotzdem hilfreich, denn das Gericht muss prüfen, ob die hinreichenden Voraussetzungen für den weiteren Vollzug vorhanden sind:

  1. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO muss das Jugendamt regelmäßig eine schriftliche Begründung verfassen und faktisch sofort dem Verwaltungsgericht vorlegen. Euer Vortrag und die schriftliche Begründung des Jugendamts bilden die Grundlage für die Prüfung im Verwaltungsgericht. Bei einer einstweiligen Anordnung kommt es regelmäßig zu keiner mündlichen Anhörung. Spätestens wenn die Entscheidung getroffen worden ist, erhaltet Ihr dann mit dem Gerichtsbeschluss auch die schriftliche Begründung des Jugendamts.

  2. Die schriftliche Begründungspflicht entfällt nur nach Maßgabe von § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, also bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben oder Gesundheit des Kindes und der Bezeichnung des Verwaltungsakts als Notstandsmaßnahme. Diese Fälle kommen deutlich seltener vor, denn Polizei und Feuerwehr sind deutlichst schneller vor Ort und können ebenfalls handeln.
    Folglich wird es fast immer eine schriftliche Begründung geben, und die muss das Verwaltungsgericht dann gemeinsam mit Eurem Vortrag genauestens prüfen. Legt das Jugendamt keine schriftliche Begründung vor, dann kann das Verwaltungsgericht nichts prüfen. Aus meiner Sicht ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung statt zu geben, d.h. die Inobhutnahme zu beenden.

  3. Das Verwaltungsgericht prüft und vergleicht Euren Vortrag mit der schriftlichen Begründung und dem Vortrag des Jugendamts. Daher ist es sinnvoll, dem Verwaltungsgericht unverzüglich alle wesentlichen Aspekte des Verwaltungsakts Inobhutnahme vorzulegen. Nur dann ist gewährleistet, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Prüfung nach Möglichkeit alle Abwägungsgründe unverzüglich hinreichend prüft.

Inobhutnahme ohne Anordnung des sofortigen Vollzugs

Wenn der sofortige Vollzug nicht angeordnet worden ist, dann hat das Verwaltungsgericht kraft Gesetzes aus § 80 Abs. 1 VwGO nur die Möglichkeit, dem Antrag auf einstweilige Anordnung statt zu geben. Das tun einige Verwaltungsgerichte möglicherweise nicht (z.B. 13-te Kammer des Verwaltungsgericht Hamburg, Beweise liegen mir vor).

Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

Mutter, Vater, Onkel, Tanten und volljährige Geschwister gelten ensprechend ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) als Mitglieder der Gruppe Familie des Inobhut genommenen Kindes. vgl. Art. 8 EMRK. Damit muss das Jugendamt prüfen, ob das Inobhut genommene Kind bei einer geeigneten Person seiner Gruppe Familie untergebracht werden kann.

Wird ein Kind Inobhut genommen, dann werden personenbezogene Daten unterschiedlichster Art erhoben, verarbeitet und gespeichert. Damit muss das Jugendamt die Datenschutzgrundverordnung in Verbindung mit Art. 7 GRCh und Art. 8 GRCh einhalten. Was es in diesem Zusammenhang alles zu beachten gibt, kann hier nicht dargestellt werden.

Download Formular-Widerspruch

Mit dem Formular-Widerspruch 🄯 📥 kann

eingereicht werden. Bei der Verwendung dieses Formular-Widerspruchs sind Sie selbst verantwortlich!! Ich bin weder Rechtsberater, Rechtsanwalt noch sonst mit Ihrem Fall vertraut, so dass ich jegliche Haftung ausschließe.

Wenn Sie den Formular-Widerspruch verwenden, dann müssen Sie zu Ihrem speziellen Fall eine kurze Fallbeschreibung beifügen, damit das Verwaltungsgericht weiß worum es geht. Darin sollte mindestens enthalten sein, soweit es Ihnen bekannt ist:

  1. Kopie des Inobhutnahmebescheids, wenn Sie diesen schriftlich erhalten haben,
  2. Zeitpunkt (Datum, Uhrzeit) und Ort der Inobhutnahme,
  3. Name des Jugendamts, ggf. des Mitarbeiters,
  4. Zeitpunkt, Art und Ort der Bekanntgabe: Datum, Uhrzeit, Telefonat, Ort an dem Sie die Nachricht erhalten haben,
  5. ggf. Zeugen, die bei der Bekanntgabe anwesend waren.

Lesen Sie daher den Formular-Widerspruch vor einer Verwendung mehrfach sorgfältig durch und prüfen Sie selbst sehr sorgfältig. Insoweit Sie dazu nicht in der Lage sind, ist ein Rechtsanwalt der richtige Ansprechpartner.

Schauen Sie sich mein Erläuterungsvideo an. Darin erkläre ich zu meiner dargestellten Meinung einiges aber nicht alles. Es bleibt aber dabei: Es ist nur meine Meinung.

Update-Hinweis: Im verlinkten Video wird zur Version 1 des Formular-Widersrpuchs vorgetragen.

  1. Die Frage bezüglich § 1631b BGB ist entfallen. Grund dafür ist, dass ich 1 BvR 338/07 vom 14.06.2007 zugemailt bekam: § 1631b BGB ist nur im Zivilrecht anwendbar.
  2. Mit § 106 SGB VIII wird die Zitierpflicht bezüglich der Einschränkung von Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG durch § 42 Abs. 5 SGB VIII seit 01.11.2015 erfüllt. Ich vertrete aber weiterhin die Meinung, dass die Zitierpflicht bezüglich Art. 6 Abs. 3 GG missachtet wird.


Download: Auch wenn es im Formular-Widerspruch 🄯 📥 nicht explizit notiert ist, so steht dieses unter Copyleft; 🄯.

Kosten, Vertreter

  1. Beim Antrag auf einstweilige Anordnung und bei der Klage gegen eine Inobhutnahme handelt es sich um Angelegenheiten der Jugendhilfe. Nach § 188 VwGO fallen hierfür keine Gerichtskosten an. Das heißt, auch wenn Ihr die Verfahren verliert, werden keine Gerichtskosten fällig.
  2. Verliert Ihr ein Verfahren, dann werden Euch vom Jugendamt Kosten in Rechnung gestellt. Wie hoch diese sind, kann ich nicht sagen.
  3. In der 1. Instanz ist für Eltern kein Rechtsanwalt erforderlich. Eltern mit gemeinsamem Sorgerecht können ihre Kinder vertreten. Eine gewillkürte Prozesslandschaft, das heißt dass das Familiengericht durch Sorgerechtsentscheidung Eltern als Vertreter einfach ausschält, sollte ausgeschlossen werden: Das müsst Ihr gegebenenfalls unverzüglich dem Familiengericht mitteilen.
  4. Bei einer Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht bzw. Verwaltungsgerichtshof ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt obligatorisch (verpflichtend).
  5. Die Prozeßkostenhilfe richtet sich nach der Zivilprozeßordnung. Darüber müsst Ihr Euch selber informieren.

Stand der Bearbeitung: 20.12.2024 / Besucherzähler Homepage