Hilfe zur Erziehung - §§ 19, 33 und 34 SGB VIII
Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder
Ein Rechtsanspruch für eine Elternteil-Kind-Einrichtung (§ 19 SGB VIII) kann sich bei Mütter oder Vätern ergeben, wenn und solange sie aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung dieser Form der Unterstützung bei der Pflege und Erziehung des Kindes bedürfen. Auf Details gehe ich hier nicht ein, da sie für das Verständnis des jugendhilferechtlichen Dreiecksverhältnis nicht notwendig sind.
Das heißt: In meiner Darstellung zum jugendhilferechtlichen Dreiecksverhältnis gehe ich davon aus, dass auf Grund einer festgestellten Persönlichkeitsentwicklung ein Rechtsanspruch vom Jugendamt akzeptiert worden ist. Ich kenne keine einzige Elternteil-Kind-Einrichtung, die von einem öffentlichen Träger der Jugendhilfe betrieben wird, lasse mich aber gerne eines besseren belehren. Somit stelle ich nur eine stationäre Unterbringung bei einem anerkannten Träger der freien Jugendhilfe, also bei einem privatrechtlich agierenden Leistungsgeber dar.
Vollzeitpflege / Heimerziehung
Der Rechtsanspruch für Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) oder Heimerziehung (§ 34 SGB VIII) folgt aus § 27 Abs. 1 SGB VIII und ist das Recht der Personensorgeberechtigten
- zu Leistungen (zur Hilfe), die der Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Vertrags erbringt und zu dessen Hilfe-Erbringung er einen Ermessensspielraum haben muss,
oder - zu Geldleistungen für die Bezahlung der Inanspruchnahme von Leistungen (Hilfe), die ein privater Leistungsgeber auf Grund eines privaten Rechtsgeschäfts erbringt.
Vollzeitpflege - Pflegefamilie
§ 33 Abs. 1 SGB VIII besagt:
Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten.
- Wird ein Kind über einen Vertrag mit einem freien Träger in einer Familie oder einer auf Dauer angelegten Lebensform, muss dann in der Regel mindestens eine Person eine Erlaubnis zur Vollzeitpflege besitzen. Privatrechtlicher Vertragspartner ist dann der freie Träger.
- Eine Erlaubnis zur Vollzeitpflege entfällt nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII nur für Pflegepersonen, die im Rahmen von Hilfe zur Erziehung ... aufgrund einer Vermittlung durch das Jugendamt eine Vollzeitpflege ausüben. Privatrechtlicher Vertragspartner ist dann die Pflegeperson.
Fazit: Vollzeitpfleger oder Pflegefamilien sind keine Angestellten oder Beschäftige des Jugendamts. Folglich schließen Leistungsnehmer (Eltern, Pfleger, Vormund) mit dem Leistungsgeber (freien Träger, Pflegeperson) immer einen privatrechtlichen Vertrag ab.
Heimerziehung - Kinderheim
In BVerfGE 22, 180 <201> vom 18. Juli 1967 hat das Bundesverfassunggericht zum Zeitpunkt der Geltung des Jugendwohlfahrtsgesetzes eine institutionelle Subsidiarität befürwortet. Diese steht heute in § 4 Abs. 2 SGB VIII:
Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen.
Das bedeutet: Es gibt einen relativen Vorrang (privater) freier Träger bei der Leisungserbringung für Eltern und Familien. Dies ist kein absoluter Vorrang, worauf ich an anderer Stelle noch eingehen werde.
Traditionell gab es schon seit Beginn der Jugendhilfe im 19. Jahrhundert kaum staatliche bzw. öffentlich-rechtliche Einrichtungen der Heimerziehung. Bei der Heimerziehung handelt es sich um ein Geschäftsfeld, in dem fast ausschließlich freie Träger / Private handeln.
Stand der Bearbeitung: 16.12.2024