Inobhutnahme
Dieses Kapitel ist noch nicht fertig. Um einen Einblick in den Umfang zu erhalten, bitte auch 1. Hilfe - Widerspruch Inobhutnahme und den Formula-Widerspruch lesen.
§ 42 SGB VIII
§ 42 SGB VIII in der aktuellen Fassung
Das Kind ist weg und befindet sich in fremden Händen. Kurz gesagt: Die öffentliche Gewalt hat sich in der Regel eines Minderjährigen bemächtigt.
Das Kind ist in der Regel in öffentlich-rechtlichem Gewahrsam!
In der Regel heißt: Das Kind ist normalerweise / für gewöhnlich kein Selbstmelder. Selbstmelder sind Kinder und Jugendliche, die zum Jugendamt gehen und selbst eine Gefährdung melden, so dass das Jugendamt zur hinreichenden Prüfung verpflichtet ist. Selbstmelder haben meist ein höheres Alter und bedürfen regelmäßig keiner ständigen Betreuung oder Überwachung. Zudem können mit dem Kind oder Jugendlichen Vereinbarungen getroffen werden, wie es sich zu verhalten hat.
Hier in meinen Texten geht es zumeist um Kinder, bei denen keine Selbstmeldung vorliegt: Das Kind ist weg und die Eltern ratlos.
Hinweis: Im nachfolgenden ist fast ausschließlich der Fall diskutiert, dass das Kind vom Jugendamt Inobhut genommen worden ist.
Kurzübersicht
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Die Inobhutnahme ist ein Verwaltungsakt. Das heißt, dass der ASD eines Jugendamts einen Eingriff in die Familie ausübt.
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Der Verwaltungsakt Inobhutnahme kann von keinem Gericht angeordnet werden! Ein Verwaltungsakt ist behördliches, öffentlich-rechtliches Handeln!
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Um sich gegen den Verwaltungsakt Inobhutnahme zu wehren ist der Verwaltungsgerichtsweg der einzig zulässige Rechtsweg. Wichtig: Eine familiengerichtliche Entscheidung beendet den Verwaltungsakt Inobhutnahme nicht!
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Wichtig: Der Verwaltungsakt Inobhutnahme dauert solange an, bis er durch die Regelungen in § 42 SGB Abs. 4 VIII beendet worden ist.
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Wenn der Verwaltungsakt Inobhutnahme schon beendet ist, dann besteht die Möglichkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage!
Verwaltungsakt
Allgemein gibt es zu einem Verwaltungsakt das sogenannte Verwaltungsverfahrensrecht. Das heißt: Es gibt Gesetze, wie es zu einem Verwaltungsakt kommt, nämlich das Verwaltungsverfahren. Dieses ist in der Regel einzuhalten. Die bekanntesten Gesetze sind hier das Bundesverwaltungsverfahrensgesetz und das Zehnte Sozialgesetzbuch (SGB X). Jedes Bundesland hat sein eigenes Landesverwaltungsverfahrensgesetz, die aber für den Verwaltungsakt Inobhutnahme nicht zur Anwendung kommen.
Hier zum Verwaltungsakt Inobhutnahme ist einzig das Zehnte Sozialgesetzbuch (SGB X) einschlägig. Nur dieses gilt.
Beginn: Der Verwaltungsakt Inobhutnahme beginnt, wenn der zuständige Jugendamt-Mitarbeiter diesen für ein Kind anordnet. Nur ein Jugendamt-Mitarbeiter, dem hierzu die Befugnisse übertragen sind, darf eine Inobhutnahme anordnen.
Abgrenzung:
- Ein Polizist oder ein Mitarbeiter eines Ordnungsamts darf einem Kind gegenüber keine Inobhutnahme anordnen. Bei einem Polizisten ist jedoch die vorläufige Ingewahrsamnahme, eine Festnahme möglich. Insoweit kann er Personalien feststellen und das Kind dem Jugendamt zuführen. Die Polizei ist da recht fix, womit ich hier keine Probleme habe. Über die Befugnisse von Mitarbeitern eines Ordnungsamts kann ich hier nichts sagen, weil das in den 16 Bundesländern durchaus anders geregelt sein kann. Liegt eine Straftat vor, dann darf auch das Ordnungsamt jemanden vorläufig festnehmen (vgl. § 127 Abs. 1 StPO).
- Kein Gericht (weder das Familiengericht noch das Verwaltungsgericht) kann eine Inobhutnahme anordnen. Nach § 31 Satz 1 SGB X ist dies nur der öffentlich-rechtlich wirkenden Abteilung eines Jugendamt möglich. Diese öffentlich-rechtlich wirkenden Abteilungen eines Jugendamts heißen in der Regel Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD) oder Regionaler Sozialer Dienst (RSD). Auch andere Bezeichnungen sind möglich. Ein Mitarbeiter der wirtschaftlichen Jugendhilfe oder der Abteilung Amtsvormundschaften hat in der Regel keine Befugnisse zur Ausübung des Verwaltungsakts Inobhutnahme.
Abwehr: In der Kurzübersicht nur folgendes: Mit dem Verwaltungsakt geht nicht automatisch der Vollzug einher.
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Ein Verwaltungsakt muss zunächst den Beteiligten, insbesondere den Betroffenen bekannt gegeben werden. Betroffener ist zunächst das Kind, welches Inobhut genommen wird. Mindestens diesem gegenüber muss der Verwaltungsakt bekannt gegeben werden. Mit § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB X fangen dann auch schon die ersten rechtlichen Hürden mit schwerwiegenden Folgen an.
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Der Sofortvollzug ist von der sofortigen Vollziehung zu unterscheiden und damit deutlich abzugrenzen. Der Sofortvollzug ist eine Maßnahme des Verwaltungszwangs, in der Regel ausgeübt durch Polizei, Zoll, etc., um einer Gefahr sofort zu begegnen. Es muss Gefahr im Verzug vorliegen. Für die Rechtfertigung heißt das: Es muss der Eintritt eines Schadens drohen, der nur durch sofortiges Handeln abgewendet (oder abgemildert) werden kann. Die Gefahr liegt im Verzug, also in der Verzögerung oder gar im Unterlassen eines sofortigen Einschreitens.
Beispiel: In einer engen Straße liegt ein Fahrrad, ein E-Roller oder ähnliches im Weg der Feuerwehr zum Brandherd. Natürlich kann die Feuerwehr den Besitzer mittels Verwaltungsakt anweisen, das Hindernis zu beseitigen und den sofortigen Vollzug anordnen. Problem: Der Verwaltungsakt muss schriftlich begründet werden und es steht der Verwaltungsgerichtsweg offen. Lösung: Natürlich kann die Feuerwehr ohne Erlass des Verwaltungsakts mit Anordnung des sofortigen Vollzugs sofort über das Hindernis hinweg fahren, um den Brandherd zu löschen, einen Sofortvollzug ausüben.
(Geht natürlich nicht, wenn eine verletzte Person auf der Straße liegt.) -
Sofortige Vollziehung zu einem Verwaltungsakt bedeutet, dass die Vollziehung, die Umsetzung des Verwaltungsakts vor dessen Bestandskraft vorgenommen werden kann. Eine ausführlichere Abgrenzung zum Sofortvollzug nehme später noch vor.
Man muss somit unterscheiden zwischen
- Inobhutnahme mit Anordnung des sofortien Vollzugs und
- Inobhutnahme ohne Anordung des sofortigen Vollzugs.
Inobhutnahme mit Anordnung des sofortigen Vollzugs
Es wird die Inobhutnahme, der behördliche Gewahrsam eines Minderjährigen angeordnet und es wird unmittelbar gleichzeitig der sofortige Vollzug angeordnet. Dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt, auch dann, wenn der sofortige Vollzug getrennt davon anzuordnen ist.
Inobhutnahme ohne Anordnung des sofortigen Vollzugs
Damit bleiben zwei Möglichkeiten.